HINTERGRUND
Das Stimmenhören ist ein weit verbreitetes Phänomen. Etwa 6 - 15 % (Untersuchung von John Hearst 2011) aller Menschen hören irgendwann einmal in ihrem Leben Stimmen – ein Großteil davon, ohne dabei krank zu sein. Viele Stimmenhörer behalten es für sich, denn die Akzeptanz außerhalb ihrer Wirklichkeitswahrnehmung ist gering. Dabei gibt es unter ihnen zahlreiche berühmte Vertreter: Anthony Hopkins, Brian Wilson, Charles Dickens, Mahatma Gandhi, Moses, Philip K Dick, Robert Schumann, Jeanne d’Arc, Jesus, Sigmund Freud, Sokrates, Carl Jung, Johann Wolfgang von Goethe, Andy Warhol, uvam. Nur wenige wissen, was es mit dem Stimmenhören auf sich hat und niemand bis auf die Stimmenhörer selbst können sich die Macht und das Ausmaß der Stimmen tatsächlich vorstellen.
ORT
Welcher Ort ist für Gespräche dieser Thematik geeignet? Bereits der amerikanische Regisseur Jim Jarmusch erkannte die Qualität und die Lockerheit der Gespräche mit Kaffee und Zigaretten und nutzte das sogar als Titel seines Films: »Coffee&Cigarettes«. Anlehnend an dem Großmeister möchte ich für meinen Film das gewöhnliche Dispositiv des Cafés nutzen, um einen großen Kontrast zu den ungewöhnlichen Gesprächsthemen zu bilden und intime Gespräche zu produzieren. Gespräche über Stimmen, die gerade bei Tageslicht und in der Umgebung anderer Menschen laut werden.
STIMMENHÖREN
Der Film hört den Stimmen der Stimmenhörer zu. Nicht den Stimmen in ihren Köpfen, sondern ihren eigenen, ihren Erklärungs- und Verständnisversuchen, dem Skizzieren der Charaktere und Eigenheiten der Stimmen. Er konzentriert sich auf die damit entstehenden Lücken, dem, was unserer Wahrnehmung verborgen bleibt und dem, was über unsere Vorstellung hinaus geht. Ausgewählte Räume geben Raum für Gespräche, in denen sich der Blick des Zuschauers verliert, wodurch er unweigerlich zum Zuhörer wird, um so den Stimmen selbst näher zu kommen. Nahaufnahmen und angeschnittene Gesichter zeigen dem Zuschauer Details, die von der beobachteten Person unbemerkt bleiben, ähnlich wie Stimmen Gedanken kennen, bevor sie formuliert wurden, und ansprechen, was verdrängt bleiben sollte.
AKUSTIK
Lange Bilder der zuhörenden Person lenken die Aufmerksamkeit des Zuschauers auf das Hören. Und auch diese reagiert oft skeptisch auf die Erfahrungen des anderen. Ebenso von Bedeutung sind Momente der Stille. Hört der Protagonist gerade seine Stimmen? Ist es im Gesicht zu erkennen? Welche Geräusche des Körpers sind bei Stille hörbar?
KONTRASTE
So vielfältig die Stimmen im Kopf der Stimmenhörer sind, so vielfältig sind auch deren Erklärmodelle. Der Film zeigt mehrere subjektive Wirklichkeiten, die in sich gegensätzliche Konstruktionen sind, aber dennoch gleichzeitig existieren. Durch die Erzählungen verschiedener Erfahrungen entstehen Kontraste, die einander spiegeln. Eine Kontrastierung, die ohne Worte wie ein Kommentar funktioniert. Und sobald ein Schema hinter dem Phänomen vermutet werden kann, folgt eine Erklärung, welche dieses wieder hinfällig macht. Das Stimmenhören bleibt bis zuletzt geheimnisvoll.
ZIEL des Films ist es das Interesse der Öffentlichkeit an dem Spektrum des Themas zu wecken und sie für das Ausbleiben von Antworten und das Zuhören zu sensibilisieren.
Außerdem soll er das Verständnis der Menschen über sich selbst erweitern.
WENN ihr selbst nicht wusstet, was genau "Stimmenhören" ist oder nur Negatives aus den Medien kennt,
WENN ihr denkt Arbeiten mit Stimmenhörern wäre gefährlich für mich, weil sie unberechenbare Schizophrene sind,
WENN ihr selbst Stimmenhörer kennt, die sich aus Angst vor Urteilen anderer zurückziehen oder zur Vorbeugung der Taten eines Schizophrenen, welche er ja bereits aus den Medien kennt,
ODER WENN ihr einfach nur Lust auf diesen Film habt,
DANN helft bei der Realisierung dieses Films!
Bei erfolgreicher Finanzierung ist die ganze Realisierung gedeckt. Das Team ist bezahlt und mit Equipment und Essen versorgt. Die Protagonisten können anreisen, bekommen eine Unterkunft und einen Lohn. Schnitt, Sounddesign sowie alles was zur Postproduktion gehört sind ebenso mit drin. Achso und die Dankeschöns natürlich auch.
Ich bin Sabrina Hubert, studiere seit 2008 an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee, seit 2013 bin ich Masterstudentin in Visueller Kommunikation.
Den ersten Kontakt mit dem Phänomen Stimmenhören hatte ich auf der Suche nach Menschen mit einer ungewöhnlichen Wirklichkeitswahrnehmung. Mit regelmäßigen Besuchen trialogischer Selbsthilfegruppen und mit Fachliteratur habe ich mir einen Einblick zu dem Thema verschafft. Im Frühjahr habe ich dann beschlossen (Prof. Dr. Dipl.-Psych.) Thomas Bock zu treffen, denjenigen, der einen Großteil der Bücher geschrieben hatte. Tatsächlich konnte er mir nur wenige meiner Fragen beantworten. Er wies auf bekannte Erklärmodelle hin und dass die Bedeutung von Stimmenhören nur im Zusammenhang mit dem subjektiven Erleben des Einzelnen und seiner Umgebung zu erfassen ist. Kurz:
Antworten fände ich, wenn überhaupt, bei den Stimmenhörern selbst.
Und was ich von den Stimmenhörern gehört und gelernt habe, das will ich weitergeben.
Team
Ihr wollt mehr über den Film erfahren?
Schaut euch die Webseite mit Trailer und News an
>>>>> www.cargocollective.com/drdih
ENGLISH VERSION
At the end of the year I'm planning to shoot my documentary short "Hearing, Voices" (Stimmen, Hören). It will ask questions that are usually not asked, as the lack of answers to them are hard to accept. It will furthermore redefine the relation of sound and vision in a film. What can be documented by pictures and by editing them? How can the invisible be translated into images? How can the inaudible be translated into sound?
The film "Hearing, Voices" listens to the voices heard by people who hear them. Not the voices in their heads, but their own, their attempts to explain and their efforts to make others comprehend. It will try to fill the gaps of what is inaccessible for our perception and what exceeds our imagination. The selected locations make room for conversations, inevitably turning the audience into listeners in order to bring them closer to the voices.