#WirVsVirus Matching Fonds – ein Blick zurück und nach vorn!
8.100 Bürger:innen haben über die Vergabe einer Fördersumme von über 1 Mio € an 108 Projektteams entschieden.
Eine demokratisierte und gemeinschaftliche Finanzierung von Ideen aus der Mitte der Gesellschaft für neue Herausforderungen der Pandemie: Das war das Ziel des #WirVsVirus Matching Fonds. Denn wer weiß besser und schneller welche Lösungen in der Krise gebraucht werden als potenzielle Nutzer:innen selbst?
Wir wollen euch zum Abschluss des Matching Fonds mit auf die Reise nehmen und zurück- aber vor allem auch vorausblicken: Was haben wir im Prozess gelernt? Wie können Bürger:innen in Vergabeprozesse eingebunden werden? Warum gehört auch Scheitern zum Erfolg dazu?
Gestartet ist alles mit der Organisation eines Beteiligungsprozesses in der Corona-Krise, wie es ihn bis dato nicht gab. Am 20. - 22. März 2020 kamen in 48 Stunden 28.361 Menschen zusammen, um an über 1.500 Lösungen zu arbeiten. Der #WirVsVirus Hackathon war geboren und das Motto #GemeinsamWirken nahm bei der Zusammenarbeit auf Augenhöhe von Vereinen, Bürger:innen, Unternehmen, (Social) Startups, Ämtern und der Schirmherrschaft der Bundesregierung eine völlig neue Dimension an.
Doch noch während alle am Erarbeiten neuer Lösungen waren, stellte sich dem Organisationsteam aus sieben zivilgesellschaftlichen Organisationen die Frage: Wie soll es weitergehen, wie können wir die Ideen des Hackathons in der Umsetzung bestmöglich begleiten und bei der Finanzierung unterstützen?
Kurzerhand wurde ein Umsetzungsprogramm entwickelt, in dem sich 150 Projekte auf den Weg machten, um nutzer:innenzentrierte Prototypen zu bauen, zu testen, zu skalieren und ihre Wirkung zu entfalten. Für viele Projekte im und auch außerhalb des Umsetzungsprogramms blieb jedoch die Frage der Finanzierung. Trotz guter Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen merkten wir schnell, dass sie klassischen Finanzierungsinstrumente für gesellschaftliche und soziale Innovationen nicht greifen und nicht flexibel genug zur Verfügung stehen.
Auf eines konnten wir jedoch bauen: Die Unterstützung der Crowd (von euch!) und mutige Partner:innen. Gemeinsam mit der Crowdfunding-Plattform Startnext und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung haben wir deshalb den #WirVsVirus Matching Fonds ins Leben gerufen. Einen Fördertopf, der Crowdfunding-Kampagnen mit Ideen zur Lösung der Krise mit 25% der eigenen Fundingsumme unterstützt. Wenn ein Projekt also 10.000 € als eigenes Fundingziel setzt und erreicht, kamen aus dem Fonds noch 2.500 € dazu.
Das Besondere an dieser Form der Finanzierung ist das Mitspracherecht der Bürger:innen. Denn durch das „Alles-oder-nichts“-Prinzip beim Crowdfunding entscheiden potenzielle Nutzer:innen selbst, ob die Lösung umgesetzt wird und können frühzeitig Feedback geben. In diesem Prozess ist es wichtig, dass auch Scheitern erlaubt ist. So wurde die zusätzliche Finanzierung nur an Projekte vergeben, die genügend Zuspruch aus der Bevölkerung erhielten. Rund die Hälfte der für den Fonds zugelassenen Projekte haben so ihr Fundingziel erreicht und konnten in die Umsetzung starten.
Auch wir haben dabei Einiges gelernt:
- Crowdfunding-Vorbereitung braucht Zeit. An den Projektideen wurde mehrheitlich ehrenamtlich gearbeitet. Bei vielen bedeutete das viel Arbeit neben dem eigentlichen Job, Familie und Lockdown-Sorgen. Zudem ist Crowdfunding besonders geeignet, wenn man bereits einen ersten Prototyp entwickelt hat und diesen am Markt testen möchte, was häufig erst einige Wochen oder Monate nach dem Hackathon und noch nicht direkt danach der Fall war.
- Bedarfsgerechte Beratung ermöglichen. Jedes Projekt und das dahinterstehende Team sind anders und die Themenvielfalt riesig. Deshalb sind die Vernetzung und der Austausch untereinander ebenso wichtig, wie die Begleitung von Mentor:innen z.B. bei der Entwicklung einer Kommunikationsstrategie für die Kampagne.
- Flexibilität der Fördersumme und Handlungsfelder erlauben. Die Pandemie hat uns ständig vor neue Herausforderungen gestellt. In der zweiten Welle haben wir deshalb unsere Handlungsfelder erweitert und eine Direktvergabe von Fördergeldern ermöglicht, um schnell und bedarfsgerecht die Skalierung ausgearbeiteter Ideen mit viel Wirkungspotenzial zu unterstützen.
- Es braucht weitere Finanzierungsinstrumente und öffentlich-private Partnerschaften. Während Crowdfunding für viele Projekte ein wertvolles und wichtiges Instrument zum Testen und Finanzieren ist, braucht es darüber hinaus mehr (partizipative) Förderungen sozialer Innovationen und systemischer Ansätze statt starrer Vergabeverfahren.
Gemeinsam können wir viel erreichen! 8060 Bürger:innen, 109 Projektteams, Verwaltungen, Schulen, Stiftungen, Familienunternehmer:innen, Politiker:innen. Wenn wir zusammen an einem Strang ziehen, kann scheinbar Unmögliches möglich werden. Es liegt noch ein langer Weg vor uns und wir wollen ihn gemeinsam gehen.
An dieser Stelle möchten wir uns herzlich bedanken! Bei euch, der Crowd, und den Förderpartner:innen Benjamin und Janina Lin Otto und Susanne Klatten für ihre Offenheit für neue Wege. Bei Startnext und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung für die gemeinsame Umsetzung. Bei dem gesamten #WirVsVirus Konsortium. Und vor allem bei den mutigen Starter:innen und Unterstützer:innen der vielen Ideen. Ohne euch wäre all das nie entstanden.
PS: Was der Hackathon als Prototyp für einen neuen Problemlösungsprozess und Open Social Innovation bedeutet, könnt ihr im Buch Demokratieverstärker nachlesen.