Textprobe: Vereinheitlichte Managementprinzipien
Die Konvergenz der Wertschöpfungsketten in der Kultur- und Kreativwirtschaft verändert auch die Herangehensweise an das Management. Die Antwort auf die Frage, ob es eine übergreifende, verbindende Managementtheorie für die gesamten Creative Industries gibt, liegt nicht a priori auf der Hand, sondern bedarf der besonderen Begründung. Spezifische Kenntnisse der einzelnen Sektoren der Kultur- und Kreativwirtschaft sind nach wie vor wichtig. So sind Milieu, Wertesystem und Etikette, aber auch die Art und Weise, wie wirtschaftlich gehandelt wird, in der darstellenden und bildenden Kunst sowie in der Film- und der Gameswirtschaft und insbesondere der Mode sehr unterschiedlich. Einige Sektoren sind ohne dauerhafte Staatsfinanzierung gar nicht vorstellbar, andere kennen nur den privaten Markt. Einige Milieus sind sehr national oder gar regional, andere Communitys sind weltweit aufgestellt und unterliegen globalen Einflüssen.
Die unterschiedlichen Communitys haben unterschiedliche Sprachen, und Verhaltensweisen, aber auch unterschiedliche spezifische Kenntnisse, – sie erfordern enormes Spezialwissen. Für diese Spezialisten gibt es spezielle Studiengänge. (…) Nach der hier vertretenen Auffassung ist es allerdings so, dass durch den digital shift und die dadurch verursachte Veränderung so viel neues Spezialwissen dazu hinzugekommen ist, dass die anderen Fragen zwar nicht ersetzt werden, aber bis zu einem gewissen Grad in den Hintergrund treten. Auch der Manager fängt irgendwo an, sein Wissen zu generieren und zu priorisieren. Insofern ist die Frage berechtigt, ob es für einen Manager der Creative Industries nicht vielleicht sogar wichtiger ist, dass ein Manager der Creative Industries zunächst die spezifischen Bedingungen der Plattformökonomie und der Start-up-Kultur besser zu verstehen und diese dann in seinem spezifischen Sektor als besondere Kenntnisse mitbringt einzubringen und anzuwenden kann. Plattformspezifisches Überblickswissen – so meine These – ist gegenwärtig relevanter geworden. Ich schließe nicht aus, dass sich das mittel- bis langfristig auch wieder ändern kann.
Was ich damit meine, lässt sich an einem Beispiel aus meiner Biografie erläutern. Als ich vor der Jahrtausendwende in Frankreich das Masterprogramm „Management der la communication audiovisuelle“ absolvierte, lernten wir im Detail die Abrechnungsmodalitäten der unterschiedlichen öffentlich-rechtlichen Fernsehprogramme kennen. Heute wäre so einem Studenten wohl am besten gedient, wenn man ihm erklären könnte, würde, dass wie Spotify sein Geschäftsmodell aus der Gamesbranche adaptiert hat. (…)
Die Vereinheitlichung der Management-Skills orientiert sich im Wesentlichen an den Anforderungen der digitalen Plattform- bzw. App-Ökonomie. In einer von Emotionen geprägten professionellen Kommunikationskultur ist der Umgang mit stark technisch geprägten Tools und Plattformen von besonderer Relevanz. Im Mittelpunkt steht die Vermittlung von Kontakten und Strukturen über Plattformen, die selbst keine Assets haben, sondern lediglich die Vermittlungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Plattformen vermitteln im B2B-Bereich und formen die Zusammenarbeit neu. Was ursprünglich über Agenten und Verleger organisiert wurde, findet sich heute selbstständig über den Markt. Dies ist wesentlich effizienter und geschieht in Echtzeit. Plattformen demokratisieren und internationalisieren Wissen über Preise, Vorgehensweisen und Inhalte.
Über den Endkonsumenten treten Plattformen in der experience economy immer stärker in den Vordergrund. Wo sich der Konsument von Musik früher diese früher mühselig zusammensuchen musste, entweder mit dem Kauf oder das Brennen von CDs oder aber das Brennen dieser von Freunden, wie auch durch das illegale Downloaden von Musik über Plattformen wie Napster, wird der Konsum durch Plattformen wie zum Beispiel Spotify vereinfacht. Dabei wird besonders deutlich, dass sich die Erfahrungen der digitalen Nutzer nunmehr auch immer stärker auf die ihre intuitive Herangehensweise der Psychologie des digitalen Nutzers auswirken.
„The empowered end-user ist also das etwas hohle Schlagwort, mit dem schon viele Berater Aufträge gewonnen und doch nichts gesagt haben. Jenseits des Schlagwortes müssen wir aber die beschriebenen Realitäten ernst nehmen. Durch die Digitalisierung rücken wir alle zusammen. Der Konsument wird transparenter, die Anbieter ebenso. Der Konsument nimmt Arbeit ab, er gestaltet mit. Das macht er aber nur, wenn es ihm Freude bereitet, denn er wird ja schließlich nicht fürs Arbeiten bezahlt.“ (Behrmann 2017, S. 84)