Keep it short: Part III – Wie funktioniert eigentlich eine Kläranlage?
Ein kleiner historischer Ausflug: Was schätzt ihr, wann wurde die erste Klärbeckenanlage auf dem europäischen Festland in Betrieb genommen? Na…? Richtig, am 1. August 1887 in Niederrad (mittlerweile ein Stadtteil von Frankfurt am Main)[1]. Auslöser für den Bau einer solchen städtischen Anlage und einem ersten Kanalnetz waren die schlechten hygienischen Verhältnisse im 19. Jahrhundert. Schmutzabwässer wurden in Straßenrinnen geleitet, Fäkalien in Kübeln gesammelt und von Zeit zu Zeit geleert[1]. Als Folge entwickelten sich verschiedene Epidemien, die hunderttausende Tote forderten[1]. Neben allen Umweltaspekten unterstreicht das noch einmal die Bedeutung von Kläranlagen für die Menschen selbst.
Seit 1887 hat sich auf diesem Gebiet einiges getan. Heutzutage reinigen Kläranlagen unsere Abwässer nicht nur, sondern produzieren zusätzlich verschiedene Produkte wie Ausgangsstoffe für Düngemittel oder Methan. In den meisten größeren Kläranlagen durchläuft das Abwasser derzeit drei Reinigungsstufen, die (i) mechanische, (ii) biologische und (iii) chemische Reinigung.
Der Weg des Wassers durch die Kläranalge
1. Mechanische Reinigung:
Über den Zulauf gelangt das Abwasser zur mechanischen Reinigung und wird von groben Unrat wie Toilettenpapier − aber auch Laub, Steine, Holz − durch einen Rechen befreit. Zusätzlich können sich Sand oder Kies im Sandfang absetzen und entsorgt werden. Im Öl- oder Fettabscheider werden aufschwimmende Fettfilme abgeschöpft und entsorgt. Im Anschluss fließt das Abwasser in das Vorklärbecken und die Fließgeschwindigkeit wird deutlich verringert, wodurch sich feine Schwebstoffe absetzen können (Primärschlamm)[2],[3]. Das Abwasser wird dann der biologischen Reinigung zugeführt.
2. Biologische Reinigung:
Im Belebungsbecken der biologischen Reinigung bauen Bakterien und andere Mikroorganismen organische Inhaltstoffe unter Sauerstoffverbrauch ab. Außerdem wird während der biologischen Reinigung Ammonium zu Nitrat oxidiert (Nitrifikation) und schließlich zu Stickstoff reduziert (Denitrifikation).[2],[3] Teilweise wird auch der Phosphatgehalt bakteriell reduziert. Das so aufbereitete Abwasser gelangt anschließend in das Nachklärbecken.[2],[3] Hier setzt sich der Belebtschlamm am Beckenboden ab und wird größtenteils dem Belebungsbecken zurückgeführt (Rücklaufschlamm), um die Bakterien für die Reinigung zu erhalten. Der überschüssige Belebtschlamm (Überschussschlamm) wird zusammen mit dem Primärschlamm der weiteren Schlammbehandlung zugeführt. Anschließend erfolgt, wenn nötig, die chemische Reinigung des Abwassers.
3. Chemische Reinigung:
In kommunalen Kläranlagen wird während der chemischen Reinigung vor allem Phosphor entfernt. Meistens geschieht das durch Fällung. Dabei werden dem Abwasser Eisen- oder Aluminiumsalze zugegeben, wodurch das gelöste Phosphat in unlösliche Phosphatverbindungen überführt wird.[2],[3] Meistens erfolgt die Fällung zusammen mit der biologischen Reinigung, dann spricht man von Simultanfällung. Dabei landen die unlöslichen Phosphatsalze im Belebtschlamm und werden der weiteren Schlammbehandlung zugeführt.
Schlammbehandlung:
Der während der Abwasserreinigung anfallende Schlamm (Primär- und Überschussschlamm) wird über einen Eindicker für die Faulung vorbehandelt.[2],[3] Das entstehende Faulgas enthält ähnlich zu Biogasanlagen u. a. Methan, welches zur Energieerzeugung genutzt werden kann. Im Anschluss wird der Schlamm aus der Faulung weiter eingedickt, entwässert und getrocknet. Das überschüssige Wasser wird wieder dem Zulauf der Kläranlage zugeführt.[2],[3]
Der Klärschlamm selbst bleibt als Mischung von interessanten Inhaltsstoffen (z.B. Phosphat) aber auch Kontaminationen (z. B. Schwermetalle, Medikamentenrückstände) als gleichzeitig wertvoller und kritischer Rohstoff zurück. Lange Zeit wurde Klärschlamm als Düngemittel verwendet, dieser Einsatz wurde mittlerweile aber stark eingeschränkt. Auch die rein thermische Verwertung wird zurückgeschraubt, da durch gesetzliche Änderungen Kläranlagen ab einer bestimmten Größe dazu verpflichtet sind, Phosphor aus Klärschlämmen zurückzugewinnen.
Echt Wahnsinn was unsere Abwasserreinigungsanlagen heute schon leisten können!
Viele Grüße,
Eure Phosphatfänger!
#WirFangenDas!
[1] https://www.stadtentwaesserung-frankfurt.de/anlagen/historie/geschichte-der-alten-klaerbeckenanlage-vor-1900.html
[2] https://www.wupperverband.de/service/wissen-und-lernen/themen/funktionsweise-klaeranlage
[3] https://info.bml.gv.at/themen/wasser/wasserqualitaet/abwasserreinigung/klaeranlage.html